Dienstag, 31. Januar 2017

Judith Bellaiche aus dem Kantonsrat

Zwei lange Doppelsitzungen lang – am Montag den ganzen Tag und am Dienstagabend – diskutierte der Kantonsrat ausschliesslich den KEF, den konsolidierten Entwicklungs- und Finanzplan. Im Gegensatz zum Budget, das sich nur auf ein Jahr beschränkt, bezieht sich der KEF auf die mittelfristige Planung der Staatsaufgaben über vier Jahre. Hier hat (oder hätte) der Kantonsrat die Gelegenheit, strategische Schwerpunkte mit zu gestalten.

Nur sind im Gegensatz zu den Budgetbeschlüssen die Beschlüsse über den KEF nicht bindend; die Regierung muss nur kurz darlegen, weshalb sie nicht gewillt ist, einen Beschluss umzusetzen, und damit hat es sich. Kommt noch dazu, dass viele Anträge bereits in der Budgetdebatte im Dezember diskutiert wurden. Der Kantonsrat unterstützte etwa die Hälfte der über 40 Anträge, aber eben... Auch deshalb bleiben diese Debatten weitgehend emotionslos.

Eröffnet wurde die Debatte mit Sparanträgen bezüglich der Generalsekretariate in den verschiedenen Departementen – also in Stabsstellen. Bisweilen werden sie als „Luftanträge“ bezeichnet, weil in den Departementen „noch Luft drin“ ist. Entgegen dem Widerstand des Regierungsrats wurden diese Anträge mit einer überwältigenden Mehrheit, inkl. der SP, unterstützt.

In Bezug auf die Gesundheitsdirektion, die kostenmässig aus dem Ruder zu laufen droht, wurden mehrere Anträge unterstützt, um die Ausgaben zu stabilisieren. So zum Beispiel bei den „Sorgenkindern“ Prävention und somatische Akutversorgung. Kein Gehör fand das isolierte Anliegen von Links-Grün, der Klinik Hirslanden den Leistungsauftrag zu entziehen, weil es auf Kosten der Steuerzahler zu viel Gewinn abwerfe. Auch die glp hielt diesen Antrag für einen Hüftschuss und lehnte ihn mit dem Votum ab, die Gesundheitsversorgung ganzheitlich überprüfen zu wollen. Ebenfalls chancenlos blieb ein Antrag von Links-Grün, die Prämienverbilligungen für Krankenkassenprämien zu erweitern. Der Rat kämpft derzeit eher dafür, diese Verbilligungen gerechter zu gestalten, da erschien eine weitere Öffnung der Giesskanne als nicht angemessen.

Problemlos durchgekommen ist eine Forderung, künftig die Lohnsumme des Verwaltungspersonals leicht zu kürzen. Allerdings sollen nicht die bestehenden Löhne gesenkt, sondern lediglich Rotationsgewinne für die Senkung der Gesamtsumme genutzt werden. Auch wenn der Finanzdirektor vordergründig etwas Widerstand leistete, hinterliess sein Votum einen vagen Eindruck der Zustimmung...

Zu reden gab dann ein Antrag der SVP, die Kulturbeiträge um CHF 2.5 Mio. zu kürzen. Als Begründung wurde mitunter die umstrittene Kunstaktion des Theaters am Neumarkt vom letzten Jahr angeführt. Diese Argumentation überzeugte nicht und die SVP stand mit Ihrer Forderung weitgehend alleine da.

Im Hals stecken blieb uns der Beschluss, künftig die Beiträge an den Verkehrsfonds um CHF 30 Mio zu kürzen. Auch die Volkswirtschaftsdirektorin hatte sich vehement dagegen gewehrt, den Verkehrsfonds und die ZVV zur „Sparsau“ des Kantons zu machen. Aber die Bürgerlichen kannten keine Gnade und liessen den Rasenmäher über die öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Immerhin könnte dieser Beschluss unter einem anderen Stern stehen, wenn demnächst die Abstimmung bezüglich der Reduktion des Pendlerabzugs durchkommt. Damit flössen nämlich dem Kanton die benötigten Gelder wieder zu.

Zum Abschluss des langen Beratungstags wurden Sparanträge der SVP im Bereich Bildung klar verworfen. Damit sollte gezielt die Einführung des Lehrplans 21, der Entwicklung von Tagesschulen und die Integrationsfunktion der Schulen erschwert werden.

Am Dienstag ging die Debatte mit einem weiteren Angriff der SVP auf den Naturschutz weiter. Die Partei möchte die Ausgaben für den Erhalt der 

Naturschutzzonen im Kanton reduzieren. Grosse Sympathien für den Kürzungsantrag zeigte die FDP in ihrem Votum. Trotzdem wurde der Sparantrag deutlich abgelehnt. Anders erging es allerdings dem Natur- und Heimatschutzfonds, der nach dem Willen der Bürgerlichen künftig um 2 Mio. gekürzt werden soll.

Wie üblich war die Rednerliste beim Ressort Bildung besonders lang. Die SP forderte als erstes, dass der Anteil separat beschulter Sonderschüler weniger stark anwachsen soll. Sie war der Meinung, dass eine zunehmende Separierung behinderter Schüler dem Prinzip der Gleichberechtigung widerspricht. Die vorbereitende Kommission war im Grundsatz einverstanden mit der Forderung, kam jedoch zum Schluss, dass es in der Hand der Gemeinden läge, hier korrigierend einzuwirken, und lehnte den Antrag daher ab.

Erstaunlich war die Haltung der SVP: sie lehnte sämtliche KEF-Anträge anderer Fraktionen im Bereich der Bildung ab, weil sie keinen Spareffekt erzielen – ungeachtet ihrer Qualität oder Zweckmässigkeit. Ihrerseits stellte die SVP aber eine ganze Reihe von scharfen Sparanträgen in verschiedenen Bildungsbereichen. Ein Antrag warf hohe Wellen: er sollte das Globalbudget der Bildung um bis zu CHF 37 Mio. bis im Jahr 2020 senken, indem die Maturitätsquote von 22% auf 17% gesenkt wird. Der Antragsteller Matthias Hauser war der Meinung, dass wir insgesamt zu viele Maturanden haben, und diese uns zu viel kosten. Dies wurde von den Ratskollegen als reine Provokation abgetan und deutlich abgelehnt.

Weitere Anträge der SVP forderten pauschale Kürzungen bei allen Hochschulen und Fachhochschulen im Kanton Zürich – und zwar um zweistellige Millionenbeträge. Diese Forderungen stiessen bei allen Fraktionen (ausser der EDU) auf grosses Unverständnis und warf die Frage auf, was die Hochschulbildung der SVP noch wert ist.

Leider erhielt ein eigener Antrag von Christoph Ziegler keine Unterstützung. Er wollte, dass begabte junge Musikerinnen und Musiker weiterhin gefördert werden, auch wenn noch kein Musikschulgesetz vorliegt. Der Kantonsrat war zuvor nicht auf dieses Gesetz eingetreten, womit vorübergehend die gesetzliche Grundlage für die Musikförderung fehlt.