Das Schulen haben in den letzten Corona-Wochen Beeindruckendes geleistet. Dazu hat auch die Bildungsdirektion wesentlich beigetragen.
Ganz klar nicht auf der Höhe der Zeit war dagegen die Konferenz der kantonalen ErziehungsdirektorInnen. Die EDK hat unter Führung unserer Bildungsdirektorin in den letzten Wochen versagt. Sie war nicht imstande, gemeinsame Eckwerte für einen geordneten Übergang zum Präsenzunterricht zu vereinbaren. Sie kapitulierte ganz offensichtlich vor dem überbordenden Eigensinn der kantonalen ErziehungsdirektorInnen. Entstanden ist ein Flickenteppich, der wenig zu einer geordneten Normalisierung und Beruhigung in schwieriger Zeit beiträgt. Dem Föderalismus im schweizerischen Bildungswesen hat die EDK damit einen Bärendienst erwiesen.
Wie Zürich den föderalistischen Spielraum für die Rückkehr zur Normalität nutzt, ist ebenfalls alles andere als überzeugend. Dass die Volksschule in einer Woche nur mit Halbklassen starten soll, erscheint uns nicht durchdacht und ist kaum praktikabel. Auch die Lösung, welche der Regierungsrat für die schulergänzende Kinderbetreuung in dieser ersten Phase vorsieht, ist nicht nur unklar; sie ist lebensfremd. Es wird den Gemeinden überlassen, das Angebot schrittweise wieder aufzunehmen oder nur eingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Das wird viele Familien, die auf externe Betreuung angewiesen sind, erneut vor unlösbare Probleme stellen. Dieser Entscheid muss korrigiert werden. Es kann nicht Aufgabe der Schulen oder Betreuungseinrichtungen sein zu entscheiden, wer in einem für unsere Gesellschaft unerlässlichen Bereich tätig ist und wer nicht. Ohne gesicherte Kinderbetreuung ist die wirtschaftliche Lockerung nicht zu haben.
Besonders krass zeigt sich das bildungspolitische Politikversagen der EDK bei den Maturitätsprüfungen. Während der Bund bei der Berufsmaturität immerhin eine gesamtschweizerische Lösung ermöglicht, macht bei der gymnasialen Matur jeder Kanton, was er will. So führt Schaffhausen mündliche und schriftliche Abschlussprüfungen durch. Der Kanton Aargau hält zumindest an den schriftlichen fest. Und Zürich? Da sollen gar keine Prüfungen stattfinden – Chaos pur auf engstem Raum.
Die Entscheidung zur Maturität kommt viel zu spät. Sie erfolgt ohne Not und ist unverhältnismässig. Zudem ist es unverantwortlich, dass die höchsten Zürcher Bildungsverantwortlichen den Sinn und die Notwendigkeit der Maturitätsprüfungen klein reden. Als motivierender Abschluss einer 12-jährigen Schulzeit kommt ihnen eine hohe Bedeutung zu.
Wir verurteilen diese Kapitulation vor dem Virus scharf. Inakzeptabel ist für uns aber insbesondere, dass die Maturitätsklassen – wie dies offensichtlich angedacht ist – im Juni gar nicht mehr an ihre Schulen zurückkehren und keinen Präsenzunterricht mehr erhalten sollen. Damit würde ihre Schulzeit de facto praktisch um ein ganzes Semester verkürzt. Wir fordern unmissverständlich: Die Maturklassen müssen während der letzten Semesterwochen noch einmal Unterricht erhalten und Gelegenheit haben, in allen Fächern einen Leistungsnachweis zu erbringen, der für die Festlegung der Erfahrungsnoten regulär zu berücksichtigen ist.
Die Bildungsdirektion hat in den Wochen der Corona-Krise die Kommunikation mit dem Parlament praktisch eingestellt. Die Beispiele Maturitätsprüfungen und die höchst unbefriedigenden Richtlinien für die Kinderbetreuung in der ersten Öffnungsphase zeigen, wohin es führen kann, wenn Entscheidungen ohne politische Auseinandersetzung gefällt werden.
Wir erwarten von der Bildungsdirektion und der Regierung, die nötigen Korrekturen umgehend vorzunehmen. Es wäre äusserst bedauerlich, wenn die insgesamt sehr überzeugenden Leistungen des Bildungssystems während des Homeschoolings durch Fehlentscheidungen der Bildungsdirektion nachträglich abgewertet würden.